3. Episode - Interview mit Sabine aus der Suchtselbsthilfegruppe für Frauen
Shownotes
Rebecca: Hallo zu einer weiteren Folge von Hörbar Selbsthilfe in Nordfriesland.
Ich bin Rebecca, Mitarbeiterin der Selbsthilfekontaktstelle in Nordfriesland.
Und heute habe ich Sabine aus der Suchtselbsthilfegruppe für Frauen Rüm
hart – klaar kiming zu Gast.
Rebecca: Ja, hallo Sabine.
Sabine: Hallo.
Rebecca: Ja, seit wann gibt es denn die Frauenselbsthilfegruppe?
Sabine: Gegründet haben wir uns letztes Jahr im Juni und haben netterweise im
Eckhus in Husum einen Raum zur Verfügung gestellt bekommen. Und seitdem
treffen wir uns jede Woche dienstags um 18.30h zu unseren
Gruppenarbeiten. Die Gruppe ist speziell nur für Frauen, Angehörige und
Frauen, die an einer Abhängigkeit erkrankt sind. Wir hatten natürlich – wie
jeder Mensch auch – Lock Down Pause. Da haben wir uns dann draußen
getroffen, sind spazieren gegangen. Also, die Gruppe fand regelmäßig statt,
nur halt nicht in den Räumlichkeiten.
Rebecca: Oh, klasse.
Sabine: Es sind alle herzlich eingeladen.
Rebecca: Und wieviel Frauen sind momentan in der Gruppe?
Sabine: Das lief jetzt noch nicht so gut an, weil wir auch begrenzt waren auf 10
Teilnehmerinnen. So dass die Gruppe erstmal explizit nur für Betroffene war.
Und jetzt konnten wir das – Gott sei Dank – weil alles gelockert ist, auch auf
Angehörige erweitern und müssen aber schon auch gucken, dass wir in einer
Gruppengröße zwischen 10, allerhöchstens 12 Frauen bleiben. Es ist noch eine
offene Gruppe. Es gibt Plätze, weil manchmal kommt jemand nicht, dafür
kommt jemand neues dazu. Aber ich finde, ein schöner Gruppenabend kann
nur stattfinden, wenn die Zahl von zwölf, allerhöchstens fünfzehn nicht
überschritten wird.
Rebecca: Und warum speziell eine Frauenselbsthilfesuchtgruppe?
Sabine: Ich denke, die Thematik ist bei Frauen oftmals doch nochmal anders. Frauen
sind auch im Umgang gegenüber süchtigen Männern vielleicht gehemmter,
über ihre Probleme zu reden. Es geht natürlich auch bei vielen um
Traumatisierungen, schlechten Erfahrungen usw. Und ohne die Männer dissen
zu wollen, sind dort halt oftmals auch Männer dabei, die unter Alkoholeinfluss
aufgrund ihrer Erkrankung gewalttätig waren. Und deswegen habe ich mich
entschieden, das speziell zu trennen, damit die Frauen auch einen Raum
finden, wo sie wirklich über ihre Sorgen und Nöte reden können.
Rebecca: Und wie alt seid ihr im Durchschnitt?
Sabine: Zwischen dreißig – und ich glaube, die älteste Dame ist siebzig.
Rebecca: Kann Frau auch ohne Voranmeldung vorbeikommen?
Sabine: Also, im Moment ist es einfach eine offene Gruppe. Einfach vorbeikommen. Aber natürlich ist es auch schön, wenn ich vorher angerufen werde. Dann kann man vielleicht auch einen kurzen Schnack vorher haben und den Frauen vielleicht auch eine gewisse Hemmung und Fragen vorher zu beantworten zur Gruppe. Oder einfach, dass die Hemmschwelle etwas niedriger wird, auch wirklich zu kommen.
Rebecca: Was ist denn dein persönlicher Gewinn, an einer Selbsthilfegruppe
teilzunehmen?
Sabine: Mein persönlicher Gewinn ist zum einen, dass ich selbst Betroffene bin. Und
mich das unterstützt, abstinent zu leben. Und da hilft mir der Austausch von
anderen motivierten Menschen, weil – natürlich ist es eine chronische
Erkrankung – und es immer mal Nöte gibt, wo man denkt „ah, einmal ist
keinmal“. Und wenn man dann hört, wie andere Betroffene durch so eine
Krise da durchgekommen sind, dann kann ich das gut annehmen und denke
mir, die hat das auch geschafft, das ziehst du jetzt durch, morgen ist ein neuer
Tag.
Rebecca: Hattest du schon im Vorfeld Erfahrung mit Selbsthilfe?
Sabine: Ja, habe ich gehabt, und war tatsächlich nie ein Fan von Selbsthilfegruppen.
Eher so, dass ich dachte „oh, nee“, ganz schrecklich. Deswegen haben wir uns
auch ein bisschen anderes Konzept ausgedacht. Ja, bei uns läufts ein bisschen
anders. Bei uns läuft es demokratisch. Es gibt keinen Gruppenleiter.
Wobei ich diejenige bin, die das ins Leben gerufen hat und organisiert hat.
Aber wir möchten gerne jeden mit ins Boot holen, dass jeder seine Aufgabe
hat. Es gibt jetzt nicht den Gruppenguru, der sagt, du musst das so oder so
machen. Sondern es soll wirklich einen Austausch stattfinden. Und keiner darf
da mit dem Zeigefinger dasitzen. Deswegen war ich nie ein Fan von
Selbsthilfegruppen, wie ich sie kennengelernt hatte. Und das wird bei uns
anders sein.
Rebecca: Und wo bekomme ich nähere Infos über die Selbsthilfegruppe?
Sabine: Wir haben eine Homepage http://ruemhart-klaarkiming-husum.mozello.de/ –
Suchtselbsthilfe für Frauen. Wir sind da auch relativ weit hoch auch in der
Rankingliste. Das ist natürlich auch ein Erfolg, ein Gewinn, den ich persönlich
habe. Da bin ich stolz drauf auf das Baby, weil ich die selbst gemacht habe.
Und da gibt es nähere Informationen, auch speziell auch nochmal für
Angehörige. Ganz interessante Themen, die ich da zusammengestellt habe.
Rebecca: Du hast da auf der Homepage auch eine Galerie?
Sabine: Die habe ich jetzt erst nochmal rausgenommen, weil da nur Bilder von mir drin waren. Und das war mir dann ein bisschen peinlich. Aber ich möchte auf jeden Fall wieder eine Galerie einfügen, wo jeder Mensch, der irgendwie meint, er hat zuhause mal ein schönes Bild gemalt oder etwas getöpfert, und das kann man da einstellen. Und ich finde es immer zu schade, weil, gerade auch in der Sucht hilft Kreativität, sich zu beschäftigen gegen Suchtdruck. Und dann finde ich es schön, wenn wir da vielleicht einen Raum schaffen können, dass man seine Stücke gerne auch anonym präsentieren kann. Also diesen Unterteil dieser Seite werde ich auch wieder dann ins Leben rufen. Aber erstmal habe ich die Seite rausgenommen.
Rebecca: Kannst du dir vorstellen – bis jetzt ist es ja nur ein reiner Gesprächskreis – dass es auch mal zur kreativen Gruppe wird?
Sabine: Nein, es soll ein Gesprächskreis bleiben. Auf jeden Fall. Wobei, ich möchte einen Teil, wenn wir in den erstmal Raum reinkommen, machen wir eine kleine Achtsamkeitsübung. Das kann eine Schweigeminute sein oder sich mal abklopfen, einfach um im Hier und Jetzt in dem Raum anzukommen. Aber ansonsten soll es wirklich ein Gesprächsaustausch sein. Was privat entsteht, ob man sich trifft dann, um gemeinsam was zu gestalten, das wäre natürlich ein Träumchen. Aber da gibt es ja auch im Eckhus die Kreativwerkstatt.
Rebecca: Ja, und jetzt habe ich nochmal meine letzte Frage: Welche Vorteile hat deiner Meinung nach die Selbsthilfe?
Sabine: Ich denke, wenn man betroffen ist, ob Angehöriger oder selbst Erkrankter, ob im Depressionsbereich, im Traumabereich oder egal in welchem Bereich – es ist immer ein Unterschied, aus den Erfahrungen, wie andere durch ihre Krisen gekommen sind, etwas zu erlernen, ohne dass – um Gottes Willen, einen Psychologen können wir nicht ersetzen. Also, Psychologen, die haben ihren Sinn, aber es ist immer noch mal ein anderer Schnack untereinander, als wenn jemand, der studiert hat und einem aus dem Lehrbuch abholt. Aber, ich möchte wirklich betonen, es ist eine Selbsthilfegruppe von Betroffenen und Angehörigen. Wir können keine Profis ersetzen. Und manchmal sind die Profis einfach gefragt, Ärzte, Psychologen oder auch Kliniken.
Rebecca: Ja, super, vielen Dank Sabine. Das war es auch schon.
Sabine: Danke für die Einladung.
Rebeca: Hast du den Wunsch, abstinent zu leben und auch in schwierigen Phasen deines Lebens nicht allein zu sein? Weitere Informationen findest du auf der Homepage der Suchtselbsthilfegruppe für Frauen. Hast du Interesse an anderen Selbsthilfegruppen, dann schau doch mal auf unserer Homepage vorbei www.kibis-nf.de.
Stand 01.September 2021: Die Galerie der Homepage http://ruemhart-klaarkiming-husum.mozello.de/ ist wieder einsehbar.
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