34. Episode - Interview mit Suester und Nicole vom digitalen Pflegebistro

Shownotes

Intro Intro aus Imagefilm Selbsthilfe Rebecca: Hallo und herzlich Willkommen zu einer weiteren Folge von Hörbar – Selbsthilfe in Nordfriesland. Ich bin Rebecca, Mitarbeiterin der Selbsthilfe Kontaktstelle in Nordfriesland. Und heute habe ich Nicole und Syster vom Digitalen Pflegebistro zu Gast. Rebecca: Ja, hallo Nicole, hallo Syster. Nicole: Hallo Rebecca. Rebecca: Seit wann gibt es das digitale Pflegebistro? Nicole: Das Pflege Bistro, da muss ich ein bisschen ausholen. Die Idee kam eigentlich vom Sozialministerium Schleswig-Holstein. Die wollten gerne aus dem Corona Selbsthilfeprogramm was für pflegende Angehörige tun. Und sind an das Forum Pflegegesellschaft und die Landesarbeitsgemeinschaft Pflege herangetreten, die wiederum an uns, an den Verein Wir pflegen, herangetreten sind. Und wir haben uns überlegt, was können wir tun in diesen nach Corona Zeiten, um für pflegende Angehörige da zu sein. Und wir haben und gedacht, eine Selbsthilfegruppe ist sehr wichtig. Das gibt es noch nicht in Schleswig-Holstein. Also, eine Selbsthilfegruppe nur für pflegende Angehörige. Das gibt es eigentlich nicht. Aber weil pflegende Angehörige so schlecht das Haus verlassen können, mussten wir auf eine online Selbsthilfe zurückgreifen. So ist das entstanden. Und ich kann dann dazu gleich noch viel mehr sagen. Rebecca: Ja, warum gibt es denn das digitale Angebot? Nicole : Ja, das digitale Angebot ist, wie gesagt, für uns der richtige Weg. Wir selbst sind auch pflegende Angehörige und arbeiten ehrenamtlich. Und für uns war das der richtige Weg, weil pflegende Angehörige es sehr schwer haben die zu Pflegenden in der Zeit, wo sie selbst zur Selbsthilfe gehen wollen, daheim allein zu lassen. Es braucht immer eine Verhinderungspflege oder Tagespflege, mit dem man das irgendwie organisieren kann. Und online ist der Zugang für pflegende Angehörige einfach viel einfacher. So konnten wir dann vor etwas über ein Jahr starten mit unserem digitalen Angebot. Rebecca: Ja, wer hatte denn die Idee? Nicole: Die Idee kam in dem Gespräch mit dem Forum Pflegegesellschaft und der Landesarbeitsgemeinschaft Pflege. Wir sind unterschiedliche Ideen durchgegangen, wie die häusliche Pflege mit dem Umgang nach Corona verbessert werden kann. Und so sind wir in den Gesprächen auf die digitale Selbsthilfe gekommen. Und dann haben wir vom Verein Wir pflegen in Schleswig-Holstein dieses organisiert. Haben zwei ganz tolle Frauen gefunden, die halbtags für dieses eine Jahr der Förderung dieses digitale Pflegebistro von null auf hundert auf die Beine gestellt haben. Und neben mir sitzt Syster. Und Syster ist eine der beiden Frauen, die maßgeblich in diesem Projekt tätig ist und die Themen des Pflegebistros selbst organisieren und konzipieren und auch durchführen. Rebecca: Ja, Syster, was sind denn deine Aufgaben. Syster: Ja, also erstmal muss ich sagen, danke für die Einladung, dass wir heute hier sind. Also, ich muss dazu auch sagen, ich bin nicht alleine. Wir sind zu zweit. Wir sind ein Team. Meine Kollegin Helga und ich wir haben erstmal angefangen und an dem Konzept, was ja entstanden ist, überlegt, was für Themen könnten für pflegende Angehörige interessant sein. Und haben dann Referenten gesucht, weil die Bistros erstmal so ausgelegt waren, dass es einen sechzigminütigen Input geben soll für die pflegenden Angehörigen mit danach Möglichkeit zu Fragen und Antworten. Und dann noch zu einem Austausch ganz herzlich eingeladen sind. Und wir haben dann auch wirklich gemerkt in den Bistros, dass da auch noch wirklich sehr viel Gesprächsbedarf besteht. Also, die gingen dann auch noch bis in den Abend hinein. Die meisten Uhrzeiten waren abends. Das waren dann doch die Uhrzeiten, die die pflegenden Angehörigen am meisten wahrgenommen und es gut angenommen haben. Wir mussten natürlich auch erstmal die ganze Infrastruktur auf die Beine stellen. Es musste eine Webseite erstellt werden, damit man sich anmelden kann und den Prozess zu gestalten. Und den pflegenden Angehörigen erstmal mitteilen, dass es uns gibt. Denn oft ist es auch so, dass die pflegenden Angehörigen uns vermittelt haben, dass sie sich oft allein fühlen und mit der Situation ziemlich allein gelassen fühlen. Und es ist ja auch eigentlich so. Man muss es ja auch alleine bewältigen. Aber es gibt eben Angebote. Und zu denen gehören wir jetzt auch. Und man muss sagen, wir haben es am Anfang schwer gehabt. Wir sind seit Mai letztes Jahr online. Und was die Anmeldung angeht. Das lag auch daran, dass die Menschen einfach noch nichts von uns wussten. Man hat aber am Ende des Jahres gemerkt, so im Herbst, dass die Bekanntheit gestiegen ist durch unsere vielen Bemühungen. Netzwerkarbeit. Auch unser Vorstand hat uns da maßgeblich unterstützt. Wir waren auf einer Veranstaltung und habe da die Werbetrommel gerührt. Dass dann tatsächlich immer mehr pflegende Angehörige unseres Bistros, so nennen wir das, ist vielleicht für manche auch etwas irreführend. Es findet digital statt über Zoom. Das sind die Konferenzräume, die man in der Pandemie entdeckt hat. Ich selbst bin pflegende Mutter. Ich habe einen mehrfach behinderten Sohn. Und konnte früher an gar nichts teilnehmen, weil ich das gar nicht zeitlich geschafft hätte. Ich habe Vollzeit gearbeitet. Mein Sohn hat Pflegestufe vier. Also auch eine aufwendige Pflege. Da war gar nicht möglich oder daran zu denken, sich noch zusätzlich zu informieren über den Landesverband in Kiel. Und deswegen ist es so ideal, das digitale Angebot für uns pflegende Angehörige. Rebecca: Ihr sprecht immer von pflegenden Angehörigen. Wer ist denn jetzt angesprochen bei euch? Syster: Eigentlich jeder, der in der Häuslichkeit, aber auch der die Angehörigen in der stationären Versorgung hat. Oft liegt da ja auch eine Zeit vor der stationären Versorgung. Alle, die sich angesprochen fühlen. Alle, die mit Pflege in der Häuslichkeit zu tun haben. Das können natürlich auch Zugehörige sein. Die Familien verändern sich auch. Wir haben nicht die typischen Familienbilder wie in der Vergangenheit Vater, Mutter, Kind. Es gibt ja viele verschiedene Konzepte von Familie. Freunde. Wir bieten auch Veranstaltungen für junge Menschen mit Pflegeverantwortung an. Die sogenannten young carer. Die liegen mir besonders am Herzen, weil ich ehemalige Pädagogin bin. Also eigentlich uns alle. Pflege geht uns alle an. Nicole: Und wir könnten auch gut ehemals pflegende Angehörige begrüßen. Bei pflegenden Angehörigen ist es so, habe ich oft festgestellt. Auch ich bin ehemals pflegende Angehörige gewesen. Ich habe meinen Mann gepflegt bis zu seinem Tod. Und bin jetzt wieder aktuell pflegende Angehörige mit meiner Mutter. Die ist pflegebedürftig. Und ich habe gemerkt, auch nach der Pflege wird man das Thema nicht los. Wir sind auch offen für ehemals pflegende Angehörige. Und die dürfen nicht nur am Bistro teilnehmen, also an den Selbsthilfegruppen, sondern natürlich sich auch bei uns im Verein engagieren. Rebecca: Wie viele Selbsthilfegruppen bietet ihr denn derzeit an? Syster: Wir sind ja letztes Jahr gestartet mit ungefähr vierunddreißig Veranstaltungen für pflegende Angehörige. Da haben wir erstmal den Fokus auf das Thema gelegt. Und dann auf den Austausch. Haben gemerkt, dass sehr viel Gesprächsbedarf besteht bei den pflegenden Angehörigen, unseren Teilnehmern und Teilnehmerinnen. Und haben dieses Jahr überlegt, wir wollen noch mehr Raum für die Selbsthilfe geben. Also, ohne großes Aufhänge-Thema, ohne Referenten. Sondern die Teilnehmer so zu begrüßen und dann einen offenen Austausch zu gestalten. Oder wir machen das auch so, dass die pflegenden Angehörigen Themen vorschlagen. Was für eine Frage habe ich gerade auf dem Herzen. Aber das ist gerade im Anlaufen. Wir treffen uns jeden Dienstagabend um neunzehnuhrdreißig. Jeden Donnerstag nachmittags machen wir das Bistro auf. Jeder ist willkommen. Es ist kostenlos. Es ist unverbindlich. Über unsere Webseite kann man sich ganz einfach dort anmelden. Man bekommt dann den Zugangslink und kann dann bei uns mitmachen. Und wir fangen jetzt bei null wieder an. Letzte Woche hatten wir vier Teilnehmer, also eine kleine Gruppe. Das muss sich jetzt natürlich erstmal finden. Die Menschen müssen jetzt erstmal feststellen, ist das was für mich? Ist die digitale Welt, das Treffen nicht vor Ort was für mich? Es kann natürlich auch ein Präsenztreffen nicht ersetzen. Aber es ist ein tolles Angebot, weil man das eben bequem von Zuhause aus machen kann. Und das ist auch das, was wir immer wieder zurückgemeldet bekommen von den Teilnehmern und Teilnehmerinnen. Nicole: Weil du das gerade auch sagtest, wir mussten wieder bei null anfangen. Vielleicht kann ich dazu nochmal sagen, wir hatte die Gelder vom Ministerium nur für ein Jahr. Das sind Projektgelder. Und wir müssen das jedes Jahr neu beantragen, dass wir dieses Bistro fortsetzen können. Also, es ist nicht automatisch verstetigt, sondern es sind Projektgelder immer für zwölf Monate. Und nach den zwölf Monaten müssen wir Berichte schreiben und Auskünfte geben, wie es gelaufen ist. Und dann neue Anträge stellen. Es ist auch ein bisschen mühsam, weil wir alle ehrenamtlich tätig sind. Aber so ist es gerade geregelt. Aber wir wünschen uns natürlich vom Verein, dass wir dieses Bistro verstetigt bekommen. Nicht jedes Jahr abhängig sind von den Projektgeldern. Sondern dass wir zuversichtlich sein können, unsere beiden Mitarbeitenden da auch dauerhaft beschäftigen zu können. Rebecca: Und jetzt sagt ihr, das ist digital. Dürfen denn nur Schleswig-Holsteiner teilnehmen? Oder dürfen auch welche von außerhalb teilnehmen? Syster: Das Angebot richtet sich natürlich an Bürgerinnen und Bürger in Schleswig- Holstein. Aber, das ist ja eine digitale Welt. Und Digitalität bedeutet, sie hat keine Grenzen. Natürlich haben wir auch Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die aus anderen Ecken der Republik kommen. Und das ist auch ganz erfrischend. Und auch interessant, weil da auch manchmal die Pflege sich anders gestaltet. Man bekommt auch oft ein Feedback, dass es hier in Schleswig-Holstein ganz gut manchmal scheinbar aussieht. Gerade in anderen Regionen hören wir auch einiges sehr kritisches. Ich meine, das ist natürlich so, dass mich ganz besonders vom letzten Jahr nachhaltig betroffen gemacht hat, wie angestrengt und wie am Ende der Belastbarkeit die Angehörigen, die zu uns kommen, sind. Also, das hat mich nachhaltig doch schockiert. Und deswegen ist das auch so wichtig, dass wir weiter machen können. Weil, ich glaube an das Projekt, aber ich glaube auch, dass das Projekt sehr viel Zeit benötigt, um erstmal dieses Vertrauen aufzubauen, dass man zu uns kommen kann. Und man muss von uns wissen. Und man muss auch erstmal eine eigene Vorstellung davon haben, dass man überhaupt Hilfe braucht.

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