33. Episode - Interview mit Udo aus der Suchtselbsthilfe für Spieler*innen + Suchtberatung
Shownotes
Rebecca: Hallo und herzlich Willkommen zu einer weiteren Folge von Hörbar – Selbsthilfe in Nordfriesland. Ich bin Rebecca, Mitarbeiterin der Selbsthilfe Kontaktstelle in Husum. Und heute habe ich Udo zu Gast. Er leitet die Selbsthilfegruppe für Spieler*innen und ist in der Beratungsstelle für Suchtkranke im Diakonischen Werk Husum. Rebecca: Ja, hallo Udo. Udo: Hallo, guten Morgen. Rebecca: Seit wann gibt es die Selbsthilfegruppe? Udo: Die ist noch ganz frisch. Unsere Beratungsstelle ist im Herbst letzten Jahres umgezogen. Ende November sind wir in die Schobüller Straße zehn gezogen. In die Friedenskirche. Und quasi mit diesem Umzug haben wir auch die Selbsthilfegruppe neu eröffnet. Und im Dezember ging das dann richtig los. Rebecca: Für wen ist die Selbsthilfegruppe gedacht? Udo: Also, die ist gedacht für Spielerinnen und Spieler, die Spielsuchtprobleme haben, aber auch für Leute mit Medienabhängigkeit. Rebecca: Ok. Und die Gruppe wird auch angeleitet? Udo: Ja. Die leite ich an. Das heißt, dass ist so ein Mischmasch quasi. Eigentlich kann man es ja dann nicht Selbsthilfegruppe nennen, wenn da eine Anleitung dabei ist. Aber es ist dann eine angeleitete Selbsthilfegruppe. Und mal schauen, wie es sich entwickelt. Ob die Gruppe irgendwann so stabil ist, dass man sie sich – im positiven Sinn – irgendwann sich selbst überlassen kann. Oder ob es eine dauerhaft angeleitete Gruppe sein wird, das werden wir erstmal abwarten. Rebecca: Wann merkt man selber, dass man suchtgefährdet ist? Udo: Das ist eine gute Frage. Normalerweise gehört es eigentlich immer dazu, dass man diesen Punkt immer erstmal vor sich herschiebt. Also, man redet es sich schön, ich habe ja alles im Griff, ich kann es ja genauso gut auch wieder lassen. Das trifft auch auf andere Suchtarten zu. Ich denke mal, wichtig ist es aufzupassen, vor allem, wenn schädliche Folgen entstehen. Sprich, ich vernachlässige meine Hobbys. Oder ich habe finanzielle Nachteile, die irgendwann Überhand nehmen. Und dass Beziehungen darunter leiden. Das sind so ganz wichtige Themen, die häufig an erster Stelle stehen. Rebecca: Du leitest die Gruppe. Aber du bist nicht selbst betroffen, oder? Udo: Ich bin nicht selbst betroffen. Ich sage aber immer dazu, ich denke, jeder Mensch hat so seine Schwachstellen. Und ich werde oft als Suchtberater gefragt, haben Sie denn mal selber konsumiert oder sind Sie selbst abhängig. Und bei mir sind Alkohol und Drogen keine Themen. Die Spielsucht wäre, glaube ich, die Suchtart, bei der ich am ehesten anfällig wäre. Also, früher habe ich mal angefangen mit Fußballwetten. Und da habe ich gemerkt, oh, da musst du aufpassen. Da kam ich irgendwann an den Punkt wo ich merkte, wenn ich mehr einsetzte habe ich viel mehr das Gefühl, ich könnte da was gewinnen. Und da habe ich dann gemerkt, das wird heikel. Und da habe ich damit dann lieber aufgehört. Rebecca: Was bedeutet denn genau angeleitet? Udo: Angeleitet heißt, ich bin natürlich erstmal für den Raum zuständig. Bereite den ein bisschen vor und dann auch auf- und abschließen. Also die organisatorischen Sachen. Inhaltlich versuche ich, nicht viel vorzugeben, sondern nur ein bisschen darauf zu achten, dass jetzt nicht übers Wetter oder übers Rasenmähen geredet wird oder ähnliche Dinge. Sondern, dass jeder zu Wort kommt. Ja und jeder, momentan haben wir nur Männer, deswegen rede ich nur in der männlichen Form. Und dass über Themen gesprochen werden, die auch möglichst persönlich sind. Rebecca: Wie wichtig sind für Betroffene die regelmäßigen Treffen? Udo: Also, ich bin selbst erstaunt, wie schnell das in der kurzen Zeit ging, dass wir eine Gruppe haben von Leuten, denen man anmerkt, dass für sie die Gruppe wirklich wichtig ist. Wir haben einen dabei, der oft etwas später dazu kommt, weil er einen langen Anfahrtsweg hat und einen langen Arbeitstag. Aber er kommt manchmal auch eine halbe Stunde zu spät und ist trotzdem dankbar, da zu sein. Das finde ich schon eine tolle Sache. Das ist richtig Einsatz. Rebecca: Wieviel Menschen besuchen derzeit die Gruppe? Udo: Also, im Moment, wenn alle da wären, wären es sieben Teilnehmer. Davon sind im Moment allerdings zwei ausgefallen, weil der eine die Tagesklinik besucht für eine gewisse Zeit. Und der andere eine körperliche OP hatte. Aber die werden sicherlich wiederkommen, wie ich das einschätze. Und momentan sind wir so vier bis fünf, die teilnehmen. Und es ist aber am wachsen. Ich bin selbst erstaunt, wie schnell das vorwärts ging. Meistens kommt das aus der Beratung heraus, dass Leute auch Interesse bekunden an der Gruppe. Es ist aber auch durchaus möglich, einfach von außen dazu zu kommen und zu uns Kontakt aufzunehmen. Und dann schauen wir, ob das passt und ob jemand noch dazukommen kann. Rebecca: Wie oft sind die Treffen und wo? Udo: Also, die Treffen sind in der Friedenskirche jeden Dienstag um sechzehnuhrdreißig. Im Moment dauern die Treffen eine Stunde. Wenn das jetzt mehr Leute werden würden, dass wir dann zehn oder elf Leute sind, dann gucken wir dann, ob wir die Dauer verlängern. Weil dann eine Stunde sehr kurz ist. Rebecca: Ja, es gibt ja auch die offene Sprechstunde im Bereich Sucht. Wo und wann kann ich mich da beraten lassen? Udo: Ja, das ist eine wichtige Frage, denn das ist eigentlich die einfachste Möglichkeit, um zu unserer Beratungsstelle Kontakt aufzunehmen. Das findet jeden Donnerstag um fünfzehn Uhr bis sechzehnuhrdreißig statt. Wir schauen, dass wir da möglichst gut besetzt sind vom Team, damit wir das auch auffangen können, wenn mal mehrere Leute gleichzeitig in die Sprechstunde kommen. Und da kann auch jeder vorbeikommen, der einfach nur erstmal gucken will, was kann ich tun. Oder der Fragen hat. Auch Angehörige sind natürlich willkommen. Und das wird auch gut in Anspruch genommen. Rebecca: Wenn ich weiter weg wohne und nicht direkt in Husum, geht das dann auch telefonisch? Udo: Telefonische Beratungen machen wir eher im Ausnahmefall. Besser ist es natürlich immer, wenn jemand vorbeikommt. Man muss dann nicht immer in die Sprechstunde kommen, sondern man kann dann auch vorher telefonisch oder auch online einen Termin vereinbaren, wo man dann auch ausreichend Zeit hat, damit sich der Anfahrtsweg auch lohnt. In der Sprechstunde ist das häufig verkürzt. Aber normalerweise nehmen wir uns für vorher vereinbarte Termine dann auch eine knappe Stunde Zeit, damit man auch richtig was besprechen kann. Rebecca: Du sagtest ja auch, Beratung für Angehörige, das heißt, wenn man nicht direkt betroffen ist, sondern als Familie oder Freundeskreis den Weg zu euch sucht. Udo: Ja, auf jeden Fall. Denn Angehörige sind ja oft diejenigen, die tatsächlich noch mehr darunter leiden, als die Betroffenen selbst. Also, gerade auch, wenn es um Alkohol oder Drogen geht. Diejenigen trinken sich erstmal einen und dann ist das Leiden erstmal vergessen. Während die Angehörigen oftmals ganz doll verunsichert sind und nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen. Da kann es dann zu Ko-Abhängigkeit kommen. Oder dass man gar nicht weiß, wie man sich verhalten soll. Rebecca: Wo bekomme ich denn nähere Infos zur Selbsthilfegruppe und zur offenen Sprechstunde? Udo: Also, nähere Infos kann man dann ja natürlich bei uns bekommen. Also, wenn dann selber jemand interessiert ist an der Gruppe, dann bekommt er idealerweise einen Termin bei mir. Macht den vorher aus. Und dann führen wir ein kurzes Gespräch. Und dann schauen wir, ob das passt. Rebecca: Und habt ihr auch eine Homepage? Udo: Ja, wir haben natürlich vom Diakonischen Werk eine Seite. Da muss man ein bisschen gucken. Ich finde das noch nicht alles ideal. Aber, wenn man sich da ein bisschen durchklickt, dann findet man auch unsere Suchtberatungsstelle. Man muss auf Angebote und Einrichtungen gehen. Da findet man dann die Angebote der Suchstelle. Rebecca: Und zum Schluss nochmal. Welche Vorteile hat deiner Meinung nach die Selbsthilfe? Udo: Also, die Selbsthilfe hat zum einen den Vorteil, dass sie eine sehr unkomplizierte Möglichkeit ist, um Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Betroffenen sind normalerweise nicht gewohnt über ihre Probleme zu reden, sondern sie verheimlichen alles. Das ist ja peinlich und unangenehm, mit anderen darüber zu sprechen. Von Angehörigen kommen häufig Vorwürfe. Da ist dann auch vieles oft nicht ganz einfach. Nur darüber im Gespräch zu sein, da geht es dann ganz oft darüber, das Vertrauen durch Lügen o.ä. zu verlieren. Und in der Gruppe stellen die Teilnehmer fest, da sind Leute, die sind auf meiner Seite. Die verstehen mich. Die haben häufig ähnliche Probleme. Und so können sie lernen, vertrauensvoll darüber zu reden. Und selbst bei Leuten, die unter Pornosucht leiden. Das ist ja ein ziemlich heikles Thema, da so darüber zu reden. Auch darüber wird offen gesprochen. Das finde ich richtig toll. Und das ist natürlich der Hauptvorteil, dass man mit Gleichgesinnten offen darüber sprechen kann. Und dass man das Gefühl hat, da sind Leute, die sitzen mit mir im gleichen Boot. Und ein weiterer Vorteil ist natürlich, dass es keine Begrenzung gibt. Nicht wie bei Therapien, die ein Anfang und ein Ende haben, sondern da kann man so lange hingehen, wie man das braucht und möchte. Wer sich vielleicht nicht wohlfühlt, der kann auch sofort wieder wegbleiben. Das ist auch kein Problem. Von daher ist das die ideale Möglichkeit, um aus der Sucht heraus zu kommen. Wobei das nicht heißen soll, dass es eine Konkurrenz zu Therapie sein soll. Manche Leute stecken auch so tief drin, dass eine Selbsthilfegruppe womöglich nicht ausreicht. Rebecca: Ja, vielen Dank. Udo: Ja, sehr gerne.
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