22. Episode- ein Interview mit Svenja aus der Selbsthilfegruppe "Ungwollt Kinderlos" in Husum
Shownotes
Rebecca: Hallo und Willkommen zur zweiundzwanzigsten Episode von Hörbar – Selbsthilfe in Nordfriesland.
Ich bin Rebecca, Mitarbeiterin der Selbsthilfe Kontaktstelle in Nordfriesland. Und heute habe ich Svenja zu Gast. Sie leitet die Selbsthilfegruppe „Ungewollt kinderlos“.
Rebecca: Ja, hallo Svenja.
Svenja: Hallo.
Rebecca: Ja, wann war für dich der Zeitpunkt, eine Selbsthilfegruppe zu diesem Thema
zu gründen?
Svenja: Eigentlich schon im Oktober zweiundzwanzig. Da gab es aber kein Angebot.
Also, von KIBIS damals noch nicht. Und, ja, ich hätte weit fahren müssen nach
Hamburg. Es gab wohl mal eine in Schleswig, aber die wurde zu dem Zeitpunkt
aufgelöst. So, das war die erste Idee. Und weil es kein Angebot gab, habe ich
ein bisschen gewartet. Und dann sind wir im Februar dieses Jahres zueinander
gekommen.
Rebecca: Ja, wie läuft denn ein Treffen ab?
Svenja: Tatsächlich ganz entspannt. Das erste war ja ultra aufregend. Aber tatsächlich
ist das eine ganz menschliche Geschichte. Ganz herzlich. Jeder darf sein, wie
er ist. Wir sind alle per du. Also, ich glaube, das ist sonst ganz individuell. Aber
wir haben uns dazu entschieden, das so zu machen. Und wie haben uns
erstmal vorgestellt. Und jetzt kennt jeder so die Geschichte des anderen. Und
dann besprechen wir unterschiedliche Themen. Versuchen, immer etwas
Positives mit reinzubringen, nicht nur das Leidige, was hinter uns liegt,
sondern eben auch wie leben wir jetzt, wie gehen wir damit um, haben wir
Tipps füreinander. Wir fangen immer an mit einer Runde, mit einer
Fragerunde wie es denn so gerade ist, wie es einem geht. Und so beenden wir
das auch. Also, was hat das mit einem gemacht. Wie fühlt man sich nach der
Stunde. Bei uns sind es anderthalb bis zwei Stunden.
Rebecca: Ja. Und wieviel Teilnehmerinnen seid ihr?
Svenja: Wenn alle da sind, theoretisch acht.
Rebecca: Ja, klasse. Die Gruppe ist ja noch ganz frisch. Ihr hattet erst das zweite Treffen.
Ich habe schon auf Instagram gesehen, dass du sehr aktiv bist mit deinem
Account. Was machst du da denn so?
Svenja: Ja, genau. Ich habe da einen privaten Blog. Den habe ich im September
zweiundzwanzig angefangen. Das war eigentlich ein Tagebuch. Ein anonymes
Tagebuch. Ich wollte meine Gefühle und Erlebnisse da reinschreiben und habe
gesehen, dass die Community ein riesengroßes – also das Thema „Ungewollt
kinderlos“ ist wahnsinnig groß. Und hatte gehofft, dass ich da so ein bisschen
Austausch finde. Also, so hat es angefangen. Und da versuche ich immer viel
Positives mit reinzubringen. Ich versuche natürlich auch anzusprechen, was
mir Schlimmes passiert ist oder was uns allen, die da betroffen sind, passiert.
Aber ich versuche auch, Wege raus zu beschreiben. Oder meine Wege raus zu
beschreiben.
Rebecca: Ja. Wie wichtig ist für dich die Selbsthilfe?
Svenja: Wichtig. Also, das ist ja, selbst wenn man an sich arbeiten möchte, ist das
allein immer schwieriger. Und ich freue mich so wahnsinnig, das habe ich
schon durch den Blog gemerkt, dass man einfach in den Austausch kommt.
Und das tat auch gut und hat mich viel, viel weitergebracht. Emotional viel
weitergebracht und auch gestärkt. Aber jetzt diese zwei Treffen der
Selbsthilfegruppe haben das nochmal wahnsinnig verbessert.
Rebecca: Ok. Hattest du im Vorfeld schon Erfahrung mit Selbsthilfe?
Svenja: Noch gar nicht.
Rebecca: Noch gar nicht. Und, ja, was ist denn dien persönlicher Gewinn durch dein
Engagement in der Selbsthilfe?
Svenja: Also, tatsächlich habe ich nach dem ersten Treffen gesagt, wenn es das jetzt
war mit der Gruppe, habe ich gewonnen. Denn mir wurde eine Sache
bestätigt, die ich die ganze Zeit schon lebe. Mein Mann und dich hatten ganz
klare Grenzen was die Behandlung angeht, was den Weg angeht mit dem
Kinderwunsch. Und die haben wir immer wieder besprochen und auch
eingehalten. Und durch die Erfahrung der anderen Teilnehmerinnen war es
so, dass mir das bestätigt wurde. Dass ich da wirklich stolz darauf sein kann,
dass ich meine Grenzen eingehalten habe.
Rebecca: Ok. Ja. Und wer kann sich denn melden?
Svenja: Jeder.
Rebecca: Jeder. Wirklich, Frauen, denen das widerfahren ist, Männer.
Svenja: Genau. Sielt überhaupt gar keine Rolle. Ich weiss zum Beispiel auch aus
meinem Freundes- und Bekanntenkreis, dass da auch homosexuelle Paare
betroffen sind. Und, die sind ja genauso gerne gesehen. Für mich wäre es aber
auch vollkommen in Ordnung, ich glaube, das sieht die ganze Gruppe so,
wenn zum Beispiel eine Frau kommt, die nicht Oma geworden ist. Die also mit
ihrer Tochter oder mit ihrem Sohn mitleidet und mitfühlt. Oder eine
Schwester, die nicht Tante geworden ist. Oder ähnliches. Also, wer sich
angesprochen fühlt und vielleicht auch ein bisschen mehr verstehen möchte,
wie sich ungewollt Kinderlose fühlen, der darf kommen.
Rebecca: Ok. Ja. Und welche Vorteile hat deiner Meinung nach die Selbsthilfe?
Svenja: Also, ich würde sagen, für mich ist ein großer Vorteil, dass man sprechen kann
miteinander. Dass man das nicht mit sich allein ausmachen muss. Natürlich ist
das kein Ersatz für eine Therapie, aber dieser Austausch und sich nicht mehr
alleine fühlen, das ist, glaube ich, das allerwichtigste. Ich habe mich
unheimlich alleine gefühlt. Liegt aber in meinem Fall auch daran, dass ich fast
drei Jahre gar nicht darüber gesprochen habe. Wir haben das nur mit uns
ausgemacht, also mein Mann und ich. Und ausgewählt also nur mit ganz, ganz
Engen, aber auch nur dosiert. Und durch die Selbsthilfegruppe fühlt man sich
einfach nicht mehr alleine. Man fühlt sich verstanden und man hat einen
sicheren Ort, wo man hingehen kann, und vielleicht auch mal böse Dinge
sagen darf.
Rebecca: Was einen gerade stört oder was man gerade erlebt hat.
Svenja: So ist das, genau. Ohne, dass man was damit anrichtet. Also, wenn ich nun
eine Erfahrung oder Erlebnis im Freundes- und Familienkreis hatte, wenn ich
da meine Meinung sagen würde, würde das ja ein Echo mit sich bringen.
Wenn ich das hier mache in diesem geschlossenen Kreis und ich sage mal
etwas, was mich gestört hat an einer Freundin, an einem Freund, innerhalb
der Familie, dann hat das gar keine Nachwehen irgendwie. Dann bleibt das
halt hier und ich bin es losgeworden und ich habe niemanden verletzt. Und
das ist auch eine ganz tolle Sache.
Rebecca: Ja. Wo kriege ich denn weitere Informationen zur Gruppe?
Svenja: Bei KIBIS auf jeden Fall und auf meinem Blog „Alles, nur nicht Eltern“.
Rebecca: Ok, ja. Vielen Dank Svenja für deinen Einblick.
Svenja: Vielen Dank, dass ich hier sein durfte.
Rebecca: Ja, gerne.
Weitere Informationen über die Selbsthilfegruppe „Ungewollt kinderlos“ erhaltet ihr direkt auf Instagram und die Blog-Seite @allesnurnichteltern. Möchtest du Informationen über andere Selbsthilfegruppen in Nordfriesland? Dieses findest du auf unserer Homepage www.kibis-nf.de, auf Instagram @kibisnf und auf Facebook unter kibisnf.
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